Ein Volk in Sippenhaft !

 

Der Streik soll als letztes Kampfmittel der Gewerkschaft dienen, um die Arbeitgeber unter Druck zu setzen. Als letzte Gegenmaßnahme bleibt den Arbeitgebern die Aussperrung. Es war also ein Machtkampf zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften als Interessenvertreter der Arbeitnehmer. Die Bevölkerung des Landes war bei diesen Auseinandersetzungen, wenn sie nicht in dieser Branche beschäftigt war, kaum bis gar nicht tangiert. Durch die Privatisierung von Staatsunternehmen, wie Lufthansa und DB, hat sich dies verändert und die Bürger sind nun häufig direkt betroffen. Somit ist der derzeitige Arbeitskampf zwischen DB und GDL nicht auf diese beiden Akteure beschränkt sondern trifft auch viele Unbeteiligte. Ob die Forderungen der GDL berechtigt sind oder nicht, soll hier nicht das Thema sein sondern vielmehr die Frage, ob ein Streik, der täglich einen volkswirtschaftlichen Schaden von rund 100 Mio. Euro verursacht, verhältnismäßig ist.

 

Die GDL vertritt rund 34.000 Mitglieder. Hunderttausende Bahnkunden, insbesondere Pendler, sind aber hier die Hauptleidtragenden. Sie haben mit den Verhandlungen nichts zu tun, laufen aber Gefahr, ihren Job zu verlieren oder drastische Lohnkürzungen hinnehmen müssen, weil sie nicht zu ihrer Arbeitsstätte kommen. Hier werden Menschen in finanzielle Not gestürzt, weil ein Gewerkschaftsvorsitzender (Claus Weselsky) sein persönliches Geltungsbedürfnis rücksichtslos auf dem Rücken Unbeteiligter auslebt.

 

Aber wie immer ist dies nur die eine Seite der Medaille und man muss sich wundern, dass das überhaupt so lange gut ging. Mit der Privatisierung der Staatsbetriebe entstand nämlich ein Problem, was es vorher in dieser Form nicht gab: Die Belegschaft gehörte unterschiedlichen Gewerkschaften an oder war zum Teil verbeamtet, was der Arbeitgeberseite die Möglichkeit der Aussperrung, als letzte Reaktion auf einen Streik, nahm. Hinzu kam, dass sowohl bei der DB als auch bei der Lufthansa immer auch Unbeteiligte im erheblichen Maß von einem Streik betroffen waren. Somit ist die Politik an der derzeitigen Situation alles andere als unschuldig. Man hat, wie so oft, im Rahmen der Privatisierung eine Anpassung des Streikrechts an die neuen Gegebenheiten versäumt. Hier wäre eine Änderung dringend erforderlich gewesen, um Unbeteiligte zu schützen. Somit müsste man Herrn Weselsky fast dankbar sein, dass er durch sein Handeln die Politik dazu bringt, etwas zu tun, was sie schon längst hätte tun sollen. Aber besser spät als nie. Nur zu welchem Preis!

 

 

 

RT, 07.05.2015

  

 

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